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Geschichte: Archiv der Republik

Gründung und Anfänge

Das Archiv der Republik/Zwischenarchiv, dessen Etablierung eng mit dem Neubau eines zentralen Staatsarchivgebäudes verknüpft war (1981-1986), besteht seit 1983 als selbstständige Archivabteilung des Österreichischen Staatsarchivs. Das anfangs provisorisch in notdürftig adaptierten Räumlichkeiten einer ehemaligen Nähmittelfabrik im 7. Wiener Gemeindebezirk in der Andreasgasse 7 (heutiges Hofmobiliendepot – Möbel Museum) untergebrachte Archiv, bezog 1987 als erste Abteilung das neue Zentralgebäude in Wien-Erdberg. Es verwahrt als Zentrum der zeitgeschichtlichen Forschung das Schriftgut, das bei den zentralen Verwaltungsbehörden der Republik Österreich seit ihrer Gründung 1918 angefallen und für archivwürdig befunden worden ist. Jene Unterlagen der österreichischen Zentralbehörden, die bis 1983 je nach sachlicher Zuständigkeit bereits bei den übrigen Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs hinterlegt waren, wurden im Zuge der Übersiedlung in die Nottendorfer Gasse an das Archiv der Republik abgetreten. Dies entsprach einem Umfang von rund 140.000 Archivalieneinheiten.

Wo eine einfache Trennung der Aktenserien nach dem Prinzip "Monarchie oder Republik" mit dem Stichjahr 1918 nicht möglich war, wurde über den tatsächlichen Verbleib der Archivalien im Einzelfall entschieden. So befinden sich die Unterlagen der Bundesministerien für Justiz und Unterricht (ausgenommen Personalakten und die Unterlagen des Bundestheaterverbandes ab 1929) nach wie vor im Allgemeinen Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv. Wichtige Dokumente zur Kultur- und Theatergeschichte wie die Akten der Wiener Staatsoper und der Bundestheaterverwaltung sind bis dato in der Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv verblieben. Ebenso ergaben sich organisatorische Unschärfen im Bereich der Bestandsgruppe "Verkehr". Hier wurde eine Urkundenreihe, die bis zum Jahr 1867 zurückreicht, in das Archiv der Republik übernommen. Im Weiteren verwahrt das Archiv nicht nur die Akten des Sozialministeriums seit seiner Errichtung 1917, Bestände zum Kriegsflüchtlingswesen ab 1914, sondern auch den größten Teil der wenigen, aber bedeutungsvollen Akten der NS-Zeit und der Deutschen Wehrmacht, welche in Österreich verblieben sind.

Erste Schriftgutübernahmen

Dank der neu geschaffenen organisatorischen, archivtechnischen und räumlichen Infrastruktur war das Österreichische Staatsarchiv erstmals in der Lage, das angebotene, archivreife (also für den laufenden Geschäftsbetrieb nicht mehr benötigte) und archivwürdige Schriftgut, das bei den Aktenproduzenten seit den 1970er Jahren stetig angewachsen war, großzügig zu übernehmen und nach modernen konservatorischen und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten aufzubewahren. Die koordinierte Übernahme von Massenschriftgut des 20. und 21. Jahrhunderts stellte das Archiv vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Es galt die Kontakte zu den Aktenproduzenten herzustellen und durch teilweise langwierige persönliche Überzeugungsarbeit die archivischen Bewertungen und Übernahmen vorzunehmen. Dabei stand zu Beginn die Sicherung der noch in den Behörden lagernden Altbestände der Ersten Republik und der Zeit nach 1945 im Vordergrund.

Laufende Zuwächse und historische Forschung

Im Laufe seines mittlerweile fast 40-jährigen Bestehens hat das Archiv der Republik seine Bestände nahezu verfünffacht. Im Schnitt werden jährlich zirka 1500 Laufmeter archivwürdiges Schriftgut übernommen, der Gesamtbestand umfasst gegenwärtig rund 430.000 Archivkartons. Inklusive umfassender Urkundenserien, Plansammlungen, Plakaten und Findmitteln entspricht dies einem Umfang von knapp 100.000 Laufmetern. Die Gliederung erfolgt derzeit in 22 themenbezogene Bestandsgruppen (mit über 860 Teilbeständen), deren inhaltlicher Bogen sich von den Obersten Behörden über Auswärtige Angelegenheiten, Inneres, Justiz, Handel, Land- und Forstwirtschaft, Unterricht und Kunst, Verkehr, Landesverteidigung und Finanzen bis hin zu Entschädigungs- und Pensionsangelegenheiten und zu den zivilen und militärischen Evidenzen der NS-Zeit spannt.

Vor allem die 2000er Jahre stellten die Archivabteilung vor besondere organisatorische und arbeitstechnische Anforderungen, nicht nur durch die Übernahme großer Schriftgutmengen infolge der Auflösung oder Zusammenlegung von Dienststellen, sondern auch durch den Wunsch nach wissenschaftlicher Benützung zahlreicher Bestände, etwa durch die massiv verstärkte Provenienzforschung. Im Zuge der umfassenden und detaillierten Archivrecherchen ist das Archiv der Republik in die aktuelle zeithistorische Forschung (z.B. Ungarnflüchtlinge) ebenso intensiv eingebunden, wie in die aufwändige verwaltungsmäßige Umsetzung von Aktionen wie Zwangsarbeiter-, Kriegsgefangenen- und Trümmerfrauenentschädigung, Naturalrestitution, Heimopferrenten, usw..

Archivische Kernaufgaben, Rechtswahrung und digitales Zeitalter

Mit der Schaffung der Bundesarchivgesetze ab 2000 wurden die Kernaufgaben des Österreichischen Staatsarchivs zentral geregelt. Damit ist das Archiv der Republik als einzige Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs hauptverantwortlich zuständig für die Sichtung, Bewertung, Skartierung, Übernahme und Verwahrung, die Sicherung, Erhaltung und Instandsetzung sowie für die Erschließung der zeitgenössischen Aktenbestände der österreichischen Bundesverwaltung. Ein wesentliches Element ist die durch den unikalen Charakter von Archivgut bedingte Wahrung der Rechtssicherheit des Staates (Staatsurkunden, legislatives Schriftgut etc.). Gemäß den rechtlichen Grundlagen umfasst dies das analoge wie digitale Schriftgut der obersten Behörden (Präsidentschaftskanzlei, Höchstgerichte), sämtlicher Ministerien, deren nachgeordneten Dienststellen in ganz Österreich sowie aller Bundesdienststellen in den Ländern. Die digitalen Materialien gelten seit der Einführung der flächendeckenden elektronischen Aktenführung 2004 auch rechtlich als das archivwürdige Original. Die fachliche Betreuung des dafür entwickelten "Digitalen Archivs Österreich" obliegt ebenfalls dem Archiv der Republik.

Somit war das letzte Jahrzehnt geprägt von den rasanten Entwicklungen der Digitalisierung in der österreichischen Bundesverwaltung. Die Einführung moderner E-Government-Instrumente – Archivinformationssystem, Dokumentenmanagementsystem ELAKimBund, Digitales Archiv – brachte neue Aufgaben für das Archivwesen mit sich. Die Archivierung elektronischer Daten/Akten wurde durch die beigestellten Fachleute des Archivs der Republik von Beginn an federführend begleitet und deren Expertisen wesentlich in die Entstehungsprozesse mit eingebunden. Der Blick richtet sich also in die Zukunft, um auch für spätere Generationen das historische Erbe unseres Landes und damit die Quellenbasis für die zukünftige historische Forschung zu erhalten.