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Ein kleines Stück Ägypten Zur Denkschrift über den Bau der Votivkirche in Wien

Die „Denkschrift über den Bau der Votivkirche in Wien“ schildert die Vorgeschichte und das Baugeschehen bis zum Jahr 1867. 

Archivale des Monats Dezember 2022

Die Wiener Votivkirche, ein römisch-katholischer Sakralbau an der Wiener Ringstraße, wurde zwischen 1856 und 1879 in neugotischem Stil errichtet. Das monumentale Kirchengebäude, mit einer Höhe von 99 Metern, wurde vom Architekten Heinrich Ferstel entworfen und aus Kalkstein erbaut.

Auslöser für den Bau des Doms war ein Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853. Als der 23-jährige Kaiser auf der Bastei spazieren ging, wurde er vom ungarischen Schneidergesellen János Libényi von hinten mit einem Messer angegriffen. Der Attentäter verletzte den Monarchen am Hals, wurde aber von Anwesenden überwältigt, ehe er ein zweites Mal zustechen konnte.

Aus Dankbarkeit über den glimpflichen Ausgang des Mordversuchs rief Erzherzog Ferdinand Max, der Bruder des Kaisers, bereits kurze Zeit später zu einer Spendensammlung für den Neubau einer Kirche auf, die als Votivgabe der Völker der Monarchie für die Errettung Franz Josephs errichtet werden sollte. Die für den Bau der Kirche veranschlagten Ausgaben wurden jedoch bei weitem überschritten und aus den Spenden nur zum Teil abgedeckt.

In der Handschriftensammlung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs ist unter der Signatur HS W 701 ein mit Goldschnitt versehener Codex überliefert, der halbbrüchig auf 117 Blatt eine „Denkschrift über den Bau der Votivkirche in Wien“ aus dem Jahr 1867 enthält. Verfasst wurde sie vom niederösterreichischen Statthaltereirat Alois Ritter Roßmanit von Florstern, wie er selbst schreibt, aus amtlichen Quellen schöpfend.

Das im Hinterdeckel der Denkschrift eingelegte Musterstück jenes Marmors, den Ismail Pascha „der Prächtige“ für den Bau der Votivkirche gespendet hatte.

In insgesamt sechs Kapiteln werden das Baugeschehen bis zum Jahr 1867 und seine Vorgeschichte umfassend geschildert. Am Schluss sind sieben Bildtafeln beigebunden, die Bauplatz, Fassade, Grundriss und das in Bau befindliche Gebäude zeigen.

Überraschend ist das große Gewicht des Bandes, das sich aber bei näherer Betrachtung leicht erklären lässt: Auf der Innenseite des Hinterdeckels ist ein etwa 10 x 15 cm großes Stück Stein eingelegt. Im Text wird darauf folgendermaßen verwiesen: „Noch muß eines Steines erwähnt werden, welchen die Votivkirche besitzt […] Es sind dieß […] 123 Blöcke egyptischen Alabasters welche der Vicekönig von Egypten durch Vermittlung des Ehrendomherrn von Peterwardein, Abbée Mislin dem Baue der Votivkirche gespendet hat. […] Dieses Materiale gehört; wie das beiliegende Probestück erweist, zu den schönsten Dekorationsmitteln und ist vermöge seiner Struktur zu Säulen, Platten, Friesen, Füllungen und dergleichen vorzüglich zu gebrauchen und kann in Verbindung mit Carrara und anderen Marmorgattungen oder mit Bronze zur Erreichung großer Effekte verwendet werden.

Es handelt sich also um ein Musterstück jenes Marmors, den Ismail Pascha „der Prächtige“, von 1863-1879 Wali bzw. Khedive von Ägypten, für den Bau der Votivkirche gespendet hatte und der unter anderem im Hochaltar und beim Taufbecken verwendet wurde, wovon man sich bei einem Besuch in der Votivkirche auch heute noch selbst überzeugen kann.

Als – eher ungewöhnliche – Beilage zur Denkschrift hat so ein Stück ägyptischer Alabaster Eingang in die Handschriftensammlung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs gefunden.

Kathrin Kininger
Signatur: AT-OeStA/HHStA HS W 701

Die sich im Bau befindliche Votivkirche.
Dieser Scan zeigt den oberhalb zitierten Text.