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Die Franzisco-Josephinische (Dritte) Landesaufnahme

Archivale des Monats Jänner 2021
 
Der 9. Oktober 1869 war die Geburtsstunde der Franzisco-Josephinischen (Dritten) Landesaufnahme.

Im Verlaufe der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts war die Landesvermessung und Mappierung in den Ländern der Habsburgermonarchie ins Stocken geraten. Stimmen wurden laut, die Franziszeische Landesaufnahme auslaufen zu lassen und durch eine neue zu ersetzen. Zwar hatten die beiden bisherigen Vermessungen des späten 18. und 19. Jahrhunderts als durchwegs revolutionär gegolten, doch machten sich nun Argumente bemerkbar, die zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr ignoriert werden konnten. Zunächst war man mit der Mappierung, wiewohl bereits 1806 begonnen, im Rückstand: von Teilen Ungarns, Siebenbürgens und der Bukowina fehlten die Spezialkarten. Des Weiteren waren die durch das zeitraubende Kupferstichverfahren erstellten Karten teilweise bereits von Anfang an veraltet. Schließlich machten sich beträchtliche qualitative Unterschiede bemerkbar, da seit Beginn der Zweiten Landesaufnahme bereits sechzig Jahre verstrichen waren. Die Blätter der Entstehungszeit konnten der technischen Entwicklung der Kriegsführung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, besonders was das Transportwesen und die Nachrichtenübermittlung betrifft, nicht mehr genügen. Daher planten Reichskriegsminister Feldmarschall-Leutnant Franz Freiherr Kuhn von Kuhnenfeld und der Direktor des Militärgeographischen Instituts, Feldmarschall-Leutnant August von Fligely, die Arbeiten abzubrechen und durch eine neue Aufnahme der gesamten Monarchie zu ersetzen; die Tragweite dieses Entschlusses wird durch die parallel dazu vorgenommene Neuorganisation des Militärgeographischen Institutes unterstrichen.

In einem Vortrag gegenüber Kaiser Franz Joseph I. wurden fünf Anforderungen an das neue Kartenwerk hervorgehoben:

  1. Von der kronlandweisen Einteilung sollte zugunsten einer zusammenhängenderen Abstand genommen werden;
  2. der Maßstab sollte sich ändern;
  3. der zivile Sektor wäre stärker zu berücksichtigen;
  4. durch Hinzufügung von Höhenschichtlinien erwartete man sich eine vorteilhaftere Darstellung der Höhenverhältnisse und Terrainformen;
  5. und schließlich sollte zur Vervielfältigung die damals neue Methode der Heliogravüre Anwendung finden.

Die kaiserliche Genehmigung vom 9. Oktober 1869 stellt somit die Geburtsstunde der Franzisco-Josephinischen (Dritten) Landesaufnahme dar. Um die Ergebnisse auch für zivile Bedürfnisse attraktiver zu gestalten, wurde 1870 eine Kommission eingesetzt, die sich aus Vertreter des Innen-, Handels- und Ackerbauministeriums sowie des Eisenbahnwesens (neben den bisherigen Militärs) zusammensetzte. Aufgrund divergierender Interessen waren die Verhandlungen erst im Mai 1872 abgeschlossen, doch hatte man sich immerhin auf den Maßstab geeinigt (1:25000 bei den Aufnahmeblättern, 1:75000 bei den Schwarzdrucken) und als Vervielfältigungsmethode auf die Heliogravüre, die im Militärgeographischen Institut erprobt worden war und die bei der Wiener Weltausstellung 1873 präsentiert wurde.

Für die Erstellung der Spezialkarte wurde eine eigene, achtzig Zeichner umfassende Topographische Schule eingerichtet und bereits 1869 wurden zehn Mappierungsabteilungen aufgestellt, die die Vermessungsarbeiten zunächst in Tirol und Siebenbürgen aufnahmen. Als 1872 einige Mappierungselaborate fertig gestellt wurden, konnte mit den Spezialkartenblättern 1:75000 begonnen werden. Die Franzisco-Josephinische Landesaufnahme bestand aus 752 von 333 Zeichnern erstellten Spezialkarten. 1884 kann als Enddatum der Aufnahme betrachtet werden, in Bosnien und der Herzegowina arbeitete man aufgrund der allgemeinen politischen Lage noch bis 1888; allerdings hatte sich gerade in den letztgenannten Ländern die Aufgabe ergeben, gleichzeitig auch die bis dahin dort nicht vorhandene (für die Finanzverwaltung aber dringend benötigte) Katastralvermessung meist im Maßstab 1:12500 durchzuführen, was dem Militärgeographischen Institut von 1880 bis 1884 auch gelang.

Diese auch vom Ausland bewunderte quantitative und qualitative Leistung führte schließlich noch zu einem wenig bekannten Nachspiel: Die griechische Regierung richtete an Österreich-Ungarn das Ansinnen, auch in Griechenland eine entsprechende Landes- und Katastralvermessung zu beginnen. Franz Joseph I. gab diesem Ansinnen statt und 1889 nahm eine aus Angehörigen des Militärgeographischen Institutes zusammengesetzte österreichisch-ungarische geodätische Kommission in Griechenland die Vermessungsarbeiten auf, bis 1893 genügend Griechen für die Fertigstellung ausgebildet waren. Es war dies das größte vermessungstechnische Unternehmen Österreichs im Ausland.

Die Kartenblätter der Franzisco-Josephinischen Landesaufnahme konnte das Österreichische Staatsarchiv im November 2020 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (der Nachfolgebehörde des Militärgeographischen Instituts) übernehmen. Sie werden in der Kartensammlung des Kriegsarchivs verwahrt und bilden eine äußerst wertvolle Ergänzung zu den Beständen der bereits vorhandenen Josephinischen und Franziszeischen Landesaufnahmen.

Robert Rill
Signatur: AT-OeStA / KA KS /3. LA Sekt. 4456/3

Literatur:

  • Robert Messner, Die österreichische Landesaufnahme. Ihre Entwicklung bis zur Gründung des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen, in: 75 Jahre Kartographie am Hamerlingplatz. Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Landesaufnahme. Festschrift, Wien (1980), S. 53 – 67
  • Ernst Hofstätter, Beiträge zur Geschichte der österreichischen Landesaufnahmen. Ein Überblick der topographischen Aufnahmeverfahren, deren Ursprünge, ihrer Entwicklungen und Organisationsformen der vier österreichischen Landesaufnahmen, Band I, Wien 1989, S. 98 - 184
  • 200 Jahre Kataster. Österreichisches Kulturgut. Medieninhaber und Hersteller: BEV – Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Wien 2017, passim