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Die Begnadigung der 1848er aus Anlass des Ausgleichs 1867

Archivale des Monats Juni 2022

Vortrag des Justizministers Karl Freiherr von Krauss an den Kaiser betreffend Nachsicht oder Beibehaltung der Todesstrafe für Johann Kudlich.
 

Nach der Auflösung des Reichstages in Kremsier im März 1849 gelang es einigen Abgeordneten, sich der Verhaftung zu entziehen und ins Ausland abzusetzen. Daher konnte die Ende Februar 1849 vom Wiener Kriminalgericht eingeleitete Untersuchung gegen Johann Kudlich wegen Beteiligung an den Ereignissen im Jahr 1848 und des Verbrechens des Hochverrats nicht fortgeführt werden. Johann bzw. Hans Kudlich gelangte zunächst nach Frankfurt am Main, wo sein Bruder Josef Herman Kudlich Abgeordneter in der deutschen Nationalversammlung war. Dann verfolgte er revolutionäre Vorhaben in Leipzig und Dresden und war danach als Staatssekretär im Dienst der provisorischen Regierung in der Pfalz, die sich für die Trennung vom Königreich Bayern einsetzte. In der Schweiz widmete sich Kudlich dem Medizinstudium, das er im März 1853 abschloss. Die Fortsetzung seiner revolutionären Umtriebe in der Schweiz führte schließlich zur erneuten Einleitung einer Untersuchung im Dezember 1852 und zu einer Anklage wegen Hochverrats in insgesamt neun Punkten aufgrund § 58 lit. b. und c. und § 59 des Strafgesetzes von 1803, wie im vorliegenden Akt zu lesen ist. Anklagepunkte waren unter anderem der in Briefen an seinen Vater und seinen Bruder geschilderte Plan, „die gewaltsame Veränderung der Regierungsform der die österreichische Monarchie bildenden Länder und den Umsturz der Verfassung der deutschen Bundesstaaten herbeizuführen“, revolutionäre Appelle in seiner Rede beim Fackelzug am 24. September 1848 und Unterstützung und Beteiligung an Aufständen in Frankfurt, Leipzig und der Pfalz.

linke Spalte: Allerhöchste Erschließung vom 16. Juni 1854 betreffend das Todesurteil gegen Hans Kudlich;  Kaiser Franz Josef bestätigte auch, das Urteil vorläufig nicht zu veröffentlichen.

Nach den Verhandlungen am Landesgericht Wien im März 1854 wurde Hans Kudlich in Abwesenheit schuldig gesprochen und laut § 36 und 59b StG zum Tode verurteilt. Im hier gezeigten Vortrag vom 7. Juni 1854 stellte Justizminister Karl Freiherr von Krauss aufgrund der Stimmenmehrheit von acht zu eins einen Antrag auf Nachsicht der Todesstrafe. Erschwerend für Kudlich war der Umstand der Beharrlichkeit in der Verfolgung seiner Pläne, mildernd jedoch sein früherer untadelhafter Lebenswandel, „die Aufgeregtheit der damaligen Zeit“ und der geringe Erfolg seiner revolutionären Tätigkeit. Justizminister Krauss schloss sich jedoch der Empfehlung des Staatsanwaltes und des Obersten Gerichts- und Kassationshofes an, keine Nachsicht der Todesstrafe zu gewähren, da Kudlich wohl nie in die Habsburgermonarchie zurückkehren werde. Außerdem gäbe es in diesem Fall noch das Recht einer Neuaufnahme des Strafverfahrens. Kraus empfahl außerdem, das Urteil vorläufig nicht zu veröffentlichen, um die Erinnerung an die Revolution nicht wieder zu erwecken, was Kaiser Franz Josef am 16. Juni 1854 auch bestätigte. Kudlich, der von den Schweizer Behörden nur bis zum Abschluss seines Studiums vor einer Auslieferung nach Österreich geschützt werden konnte, wanderte mit seiner Frau in die Vereinigten Staaten aus und ließ sich schließlich in Hoboken in der Nähe von New York nieder, wo er als Arzt tätig war und eine Familie gründete.

Am 20. Juni 1867 bestimmte Kaiser Franz Josef per Handschreiben die Amnestie für alle ab dem 13. März 1848 verübten Verbrechen des Hochverrats. Das Schreiben können Sie anbei als PDF herunterladen.

Zum Zeichen der „Wiederbefestigung der inneren politischen Verhältnisse meines Gesamtreiches“ und um über den „vorgefallenen politischen Verirrungen den Schleier der Vergessenheit“ zu ziehen, bestimmt Kaiser Franz Josef per Handschreiben vom 20. Juni 1867 die Amnestie für alle ab dem 13. März 1848 verübten Verbrechen des Hochverrats, der Störung der öffentlichen Ruhe, des Aufstandes und Aufruhrs aus politischen Gründen. Hans Kudlich nutzte darauf ab 1872 die Möglichkeit der Rückkehr in seine Heimat für einige Besuche.

Die von Kaiser Franz Josef per Handschreiben verfügte Amnestie können Sie hier downloaden (PDF, 2 MB)

Nicole Placz-Schuller

Signaturen:
ÖStA/AVA/Justiz JM Präsidium Zl. 994 und 995/1867
ÖStA/AVA/Justiz JM Allgemein VI d Kudlich, Johann und Josef Hermann

Literatur:
Gottfried Stangler, Hans Kudlich und die Bauernbefreiung in Niederösterreich, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge Nr. 134, Wien 1983