Kein Adel für den Walzerkönig

Archivale des Monats Oktober 2025

Am 14. März 1872 richtete der pensionierte k.k. Statthaltereisekretär Johann Franz Ritter von Scherer ein Gesuch an Kaiser Franz Joseph I., in dem er die Übertragung seines Adelsprädikates und Wappens an seinen Adoptivsohn, den Hofball-Musikdirektor Johann Strauss, erbat.
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Am 14. März 1872 richtete der pensionierte k.k. Statthaltereisekretär Johann Franz Ritter von Scherer ein Gesuch an Kaiser Franz Joseph I., in dem er die Übertragung seines Adelsprädikates und Wappens an seinen Adoptivsohn, den Hofball-Musikdirektor Johann Strauss, erbat. Als Grund führte er das Fehlen eigener männlicher Nachkommen an. Unterzeichnet war das Gesuch von ihm selbst und von seinem Adoptivsohn, der eigentlich der Gatte seiner Stieftochter Henriette war (siehe Foto).

Am 14. März 1872 richtete der pensionierte k.k. Statthaltereisekretär Johann Franz Ritter von Scherer ein Gesuch an Kaiser Franz Joseph I., in dem er die Übertragung seines Adelsprädikates und Wappens an seinen Adoptivsohn, den Hofball-Musikdirektor Johann Strauss, erbat.
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Bei dieser Stieftochter handelte es sich um die Sängerin Jetty Treffz, die Johann Strauss Sohn 1862 geheiratet hatte. Jetty Treffz kam 1818 als Henriette Chalupetzky zur Welt und war damit um sieben Jahre älter als Johann Strauss. Es war für beide die erste Eheschließung, allerdings hatten beide Ehepartner einige frühere Beziehungen vorzuweisen. Die Braut war auch bereits Mutter von sieben Kindern aus mehreren Beziehungen. Die Ehe mit Johann Strauss blieb kinderlos und die Gattin widmete sich exklusiv der Fürsorge für den Komponisten, den sie sowohl beruflich als auch privat auf allen Wegen begleitete. Jetty Treffz hatte als Sängerin Karriere gemacht und unterhielt eine enge Beziehung zu dem Bankier, Unternehmer und Kunstmäzen Moritz Todesco. Johann Franz Ritter von Scherer war seit Beginn der 1850er Jahre ihr Stiefvater

Das Gesuch des Ritters von Scherer ging den in diesem Fall üblichen Behördenweg. Es wurde an die für Adels- und Wappenverleihungen der habsburgischen Herrscher verantwortliche Stelle, die sogenannte Gratialregistratur des Ministeriums des Innern übermittelt. Zusätzlich erhielt das Ministerium auch einen Bericht der niederösterreichischen Statthalterei, die sich positiv zum Gesuch des Antragstellers äußerte und vor allem die Verdienste des Vaters des Statthaltereisekretärs namens Dr. Josef Ritter von Scherer, Stabsfeldarzt und Professor für Physiologie an der medizinisch-chirurgischen Josefs-Akademie, hervorhob. Dieser war es, der 1810 in „Anerkennung seiner vielfachen Verdienste“ von Kaiser Franz I. in den Ritterstand erhoben worden war. Auch die Verdienste von Johann Strauss wurden betont, er sei Hofballmusikdirektor, besäße neben dem Ritterkreuz des Franz-Josefs-Ordens auch mehrere „ausländische Dekorationen“, befände sich in günstigen Vermögensverhältnissen und auch seine politische Haltung sei stets eine korrekte gewesen.

Entwurf des Wappens
Das Wappen

Im Allerhöchsten Vortrag an den Kaiser vom 9. März 1873, verfasst durch den Minister des Innern, Josef Freiherr Lasser von Zollheim, sprach sich dieser gegen die Adels- und Wappenübertragung aus. Seine Begründung lautete, dass die musikalischen und wohltätigen Verdienste von Johann Strauss wohlbekannt und unbestritten seien, dieser aber bereits großzügig durch die Verleihung des Titels eines k.k. Hofball-Musikdirektors, der goldenen Medaille für Wissenschaft und Kunst und des Franz-Josef-Ordens ausgezeichnet worden sei. Weiters seien die langjährigen Verdienste des Ritters von Scherer ebenfalls unbestritten, würden aber für die Übertragung des Adels nicht ausreichen. Hier spielte möglicherweise die Tatsache hinein, dass es sich nicht um ein altes Adelsgeschlecht handelte. Ein Entwurf für die Allerhöchste Entschließung, die dann dem Antragsteller übermittelt wurde, lag dem Akt bei, ebenso wie der Vermerk von Erzherzog Ludwig als Vertreter des Kaisers, der das Gesuch ablehnte (siehe Foto).

So blieb Johann Strauss Sohn der unbestrittene Walzerkönig, ohne aber ein wirkliches Adelsprädikat zu erlangen.

Die Unterlagen zu dieser wenig bekannte Episode werden heute im Allgemeinen Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv (Bestandsgruppe Adel) aufbewahrt.

Pia Wallnig

Signatur: AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 850.17

Literatur:

  • Hanns Jäger-Sunstenau, Johann Strauss. Der Walzerkönig und seine Dynastie. Familiengeschichte, Urkunden, Wien-München 1965.
  • Johann Strauß. Unter Donner und Blitz. Begleitbuch und Katalog zur 251. Sonderausstellung im Historischen Museum der Stadt Wien. 6. Mai – 26. September 1999.
  • Thomas Aigner/Stefan Engl/Kyra Waldner (Hg.), Johann Strauss. Ein Leben für die Musik, Wien 2025.