Johann Strauß Sohn – Kein Geld in Bukarest

Archivale des Monats September 2025

Akt von Timoni: Johann Strauß konnte seine Musiker nicht bezahlen
Der Bericht, den Kasimir Ritter von Timoni über die Ereitgnisse rund um das Johann Strauß-Orchester verfaßte.

Im Herbst 1847 begab sich Johann Strauß Sohn auf eine ausgedehnte Balkantournee, deren Endpunkt Konstantinopel sein sollte. Eine der ersten Stationen war Bukarest, die Hauptstadt des Fürstentums Walachei. Nach seiner Ankunft im Dezember 1847 gab der Kapellmeister mit seinem 30köpfigen Orchester drei Konzerte am 19., 21. und 23. Dezember vor dem Fürstenpaar und zahlreichen Gästen im Theatersaal. Auch zu Beginn der folgenden Karnevalszeit spielte die Kapelle unter der Leitung von Johann Strauß auf zwei Bällen und mindestens drei Soirées dansantes auf.

Die geplante Weiterreise musste aber auf Grund der schlechten Witterungsverhältnisse immer wieder verschoben werden. Da in Bukarest längere Zeit Schneechaos herrschte, konnten viele Faschingsveranstaltungen nicht stattfinden. Daher blieben die Aufträge für das Orchester aus und die finanzielle Lage des Kapellmeisters und der Orchestermitglieder verschlechterte sich bis zum Beginn der Fastenzeit am 8. März 1848.

Aus diesem Grund erschienen am 9. März 1848 neunzehn Mitglieder der Straußkapelle in der Botschaft in Bukarest um Klagen wegen der Gagenrückstände vorzubringen und beim Gesandten, Kasimir Ritter von Timoni, die Auszahlung der Gelder durch Johann Strauß zu erwirken. Die Orchestermusiker gaben an nicht länger im Engagement bei Strauß bleiben zu wollen und das Geld dringend für ihre Rückkehr nach Wien zu benötigen, da sie sonst „verarmt die Rückreise nach der Heimat ohne zu betteln nicht antreten könnten.“ Insgesamt handelte es sich um einen Betrag von 2.245 Gulden C.M., den Johann Strauß Sohn den Musikern schuldete. Einige andere hatten das Orchester bereits verlassen und waren auf eigene Faust nach Wien zurückgekehrt.

Am 10. März 1848 erschien Johann Strauß Sohn in der Botschaft und legte einen Offenbarungseid ab und so wurde offensichtlich, dass der Kapellmeister zahlungsunfähig war. Der Gesandte Timoni musste „das Schreckliche und Schauderhafte“ aus dem eigenen Mund von Strauß Sohn vernehmen. Er konfrontierte Strauß mit den Forderungen der Orchestermitglieder: „…die Unterzeichneten [bitten] um die schnellste und sogleich richterliche Hilfe durch Beschlagnahme der dem Gegner angehörigen Habseligkeiten.“ Die Angehörigen des Orchesters hatten dem österreichischen Gesandten eine Aufstellung mit den Gagenrückständen vorgelegt. Diese liegt dem Bericht des Gesandten über den Vorfall an den Außenminister in Wien als Abschrift bei.

Am 13. März 1848 lud der Amtsträger in Bukarest Johann Strauß und einige Mitglieder seiner Kapelle zu einem Schlichtungsversuch vor. Es wurden Bedingungen zur Lösung des Problems ausgehandelt und in einem Protokoll schriftlich festgelegt. Johann Strauß sollte die rückreisewillige Gesellschaft über Jassy, Lemberg, Krakau, Olmütz und Brünn nach Wien führen. Auch eine detaillierte Regelung über die Reisekosten und die Einnahmen von eventuell stattfindenden Konzerten sowie die Tilgung der rückständigen Gagen wurde getroffen. Das Protokoll wurde von Johann Strauß und vierzehn Orchestermusikern unterzeichnet. Als Nachrichten über die gleichzeitigen revolutionären Ereignisse in Wien in Bukarest eintrafen, äußerten die Musiker den Wunsch, die Route der Rückreise nach Wien zu ändern und entschieden sich für eine direkte Heimreise in die Hauptstadt.

Die genaue Kenntnis dieser Vorfälle, die ein Streiflicht auf die Lebensrealität der Orchestermusiker und des Kapellmeisters werfen, verdanken wir Bericht Nummer 26 vom 1. April 1848, in welchem der Gesandte, Kasimir Ritter von Timoni, seinem Vorgesetzten, dem Minister des Äußeren und des kaiserlichen Hauses, Carl Ludwig Graf Fiquelmont, die Ereignisse rund um das Johann Strauß-Orchester schilderte.

Die Berichte des Gesandten an den Außenminister aus dem Jahr 1848 sind auf Grund der revolutionären Ereignisse in Bukarest nicht in der amtlichen Gesandtschaftskorrespondenz überliefert, sondern im Personalakt Timonis enthalten, der angesichts der politischen Situation seinen Posten verließ.

Irmgard Pangerl

Signatur: HHStA MdÄ AR F4-354-1 Personalakt Timoni

Literatur:
- Thomas Aigner: Ganz und gar kein Held. Das unrühmliche Ende des Gastspiels von Johann Strauß in Bukarest. In: Wiener Geschichtsblätter 65. Jahrgang Heft 4/2010 Seite 233 bis 242
- Thomas Aigner, Stefan Engl, Kyra Waldner (Hg.): Johann Strauss. Ein Leben für die Musik. Wien 2024